Die Anspannung ist groß im Tiergarten Nürnberg. Vor genau einem Jahr wurden gemeinsam mit dem Landesbund für Vogelschutz zwei Bartgeier in den Alpen ausgewildert. Morgen sollen zwei weitere Jungvögel in die Wildnis entlassen werden. Doch mitten in die Vorbereitungen kam zuletzt die Hiobsbotschaft: Das 2021 ausgewilderte Weibchen Wally ist tot. (20 Sekunden)
Toni Wegscheider (LBV): Es war sehr schade, dass gleich im ersten Jahr einer der ausgewilderten Bartgeier verstorben ist. Aber mit Todesfällen in den zehn Jahren des Projekts haben wir gerechnet.
Kletterer des Verbands hatten in einer unzugänglichen Felswand nahe der Zugspitze GPS-Sender, Knochen und Federn des Greifvogels entdeckt. Die genaue Todesursache ist im Nachhinein schwer festzustellen. Grundsätzlich stehen die Überlebenschancen für Bartgeier in der Wildnis aber gut.
Toni Wegscheider: Von jungen Bartgeiern überleben fast 90 Prozent das erste Lebensjahr. Aber ab und an sterben Tiere beispielsweise durch Lawinen, Kämpfe mit Steinadlern oder Kollisionen mit Seilbahnen.
Das Unglück soll der Auswilderung der nächsten beiden Vögel aber nicht im Weg stehen. Die beiden Weibchen sind Anfang März im spanischen Guadalentín geschlüpft. Seit einer Woche sind sie auf Gut Mittelbüg untergebracht, der Auswilderungsstation des Tiergartens Nürnberg.
Jörg Beckmann (Tiergarten Nürnberg): Die beiden Jungvögel können sich jetzt am sogenannten Schmusegitter kennenlernen. Das ist wichtig, weil sie morgen in die gleiche Felsnische ausgewildert werden und dort soll es keinen Stress geben.
Direkt vor der Auswilderung erhalten die beiden Bartgeierdamen ihren zukünftigen Namen. Anschließend werden sie noch rund einen Monat lang gefüttert, bis sie flügge sind. Projektleiter Toni Wegscheider ist überzeugt, dass sich der große Aufwand lohnt.
Toni Wegscheider: Ich bin optimistisch, dass alles klappt und die beiden neuen Vögel die besten Überlebenschancen haben.
Etwa 300 wilde Bartgeier gibt es mittlerweile wieder in den Alpen. Bis die beiden Neuen zum Aufbau der Population beitragen, wird es aber noch etwas dauern: Die Greifvögel sind bei ihrer ersten erfolgreichen Brut meist acht bis zehn Jahre alt.